Weit früher als gedacht wird in Offenburg Fastnacht gefeiert. Bereits im Mittelalter gibt es erste schriftliche Hinweise darauf. So verteilte im Jahr 1312 die Begine Gertrud von Ortenberg Fastnachts-Küchle an die Offenburger Bevölkerung. Das Trinken und Schlemmen an „vastenacht“ fiel damals dem Stadtoberen unangenehm auf. Erstmals urkundlich erwähnt wird die große Herrenfasnacht anno 1483 (Ritterturnier und Mummenschanz mit Fastnachtspielen auf Einladung des Hauses Fürstenberg mit über 500 Teilnehmern) und ein striktes Fasentverbot 1499 in Offenburg und Gengenbach. 1726 wird erstmals eine „Bürgerfasnacht“, in den Ratsprotokollen der Stadt erwähnt. Die Offenburger Minoritenschule organisierte 1775 einen großen Fastnachtsumzug unter dem Motto „Der lächerliche Aberwitz“. Als Maskenträger traten damals Dominos unter dem Narrenvolk auf. Ab 1801 wurde zum ersten Mal in den Wochenblättern für die Wirtefasent mit Anzeigen geworben. 1844 wurde der „Narrenstaat am Kinzigangel“ gegründet, der eigentliche Ursprung unserer heutigen Althistorischen Narrenzunft. |
Zeitstrahl:
1806 |
Ein Bürgercorps begleitet den Fastnachtsumzug. Allerdings wird vorher von der Stadtverwaltung |
|
1818 |
Erste Erwähnung einer „Narrencommission“, die nicht nur das jährliche Motto festlegt, sondern |
|
1825 |
In Offenburg entwickelt sich neben der bereits traditionellen Wirtefasent langsam auch eine |
|
1826 |
Großer Maskenumzug in Offenburg, organisiert von der „Narrencommission“, der auch als |
|
1828
|
Gleich zwei Fasent- oder Maskenumzüge finden im Februar statt. Dabei wird der Umzug zum Am 25. Februar wird die Narrencommission von Alexander Reiff, Georg Mezger und dem |
|
1830
|
Großer Maskenumzug der Narrencommission am 23. Februar. Hanswurst erhält mit der Figur |
|
1831 | 1. Bürgerball im Gasthaus Kaiser. | |
|
1840
|
Die Narrencommission nennt sich jetzt „Fasnachts-Narren-Gesellschaft“. Ein großer Umzug nach 10 Jahren Vakanz findet statt. |
1843
|
Erneuter Maskenzug der Fasnachts-Narren-Gesellschaft. Muss wohl ein großer Erfolg gewesen sein, denn am Küchlisonntag, 5. März, entsteht eine Initiative der Narren-Gesellschaft zur kommenden Saison, den bisherigen Namen (Fasnachts-Narren-Gesellschaft) zu ändern und zukünftig als „Der Narrenstaat am Kinzigangel“ aufzutreten. Erstes bedrucktes Briefpapier mit einem Logo entsteht. |
|
1844
|
„Der Narrenstaat am Kinzigangel“ wird konstituiert. Offizielles Gründungsjahr der Der Narrenstaat organisiert ein erstes gemeindeübergreifendes Narrentreffen in Offenburg. Mitglieder der Gesellschaft erhalten gegen Gebühr eine gestempelte Schellenkappe als Zeichen |
|
1845 |
Weiterer Maskenzug der Gesellschaft unter dem Motto „Ankunft der Großmutter“. Die geringe |
|
1846-49 |
Zeit des Vormärz und der Badischen Revolution. Es gab keine Straßenfasent. Nur ganz vereinzelt organisierten Wirte einen Kappeobend. Bemerkenswert: damalige Revolutionäre wie Franz Volk und Carl Heinrich Schaible, engagieren sich später in der Narrengesellschaft. | |
1848 | Uniformen der Ranzengardisten stehen zum Verkauf, weil ihre bisherigen Träger kein Interesse mehr zeigten. |
|
1850
|
Striktes Fastnachtsverbot durch das Großherzoglich Badische Oberamt Karlsruhe. Nur |
|
1857 |
Die Narrengesellschaft belebt sich wieder allerdings, initiiert der Männer-Gesangverein am Schmutzigen eine „General-Narrenversammlung mit närrischem Programm“, einem Vorläufer der heutigen Redoute. |
|
1859
|
Maskenumzug der Narrengesellschaft. Franz Fischer macht sich als Prinz Carneval einen Namen. Zum ersten Mal sind beim Zug auch „Altjungfern“ mit einem Wagen dabei. Das Gefolge des Prinzen wird wie immer von einem „Kritiker“ angeführt. Bürgerball des Narrenstaats. Narrenruf: |
|
1861 | Der Name „Redoute“ setzt sich bei Ballveranstaltungen mit Programm durch. | |
1871 | Der „Kinzigstaat“ findet mit der „Kinzigtalpforte“ vermutlich Kinzigvorstadt, eine Heimat. | |
1875
|
Verleger Adolf Geck startete in seinem Wochenblatt „Volksfreund“ die Kolumne „Ald Offenburger“. Angriffslustig und pfiffig zog die fiktive Figur des Ald Offenburgers über die „Großkopferten“ in der Stadt her. Damit war allerdings nur in Papierform der Vorläufer des „Andres“ aus der Taufe gehoben. |
|
1876
|
Gesungene Schnitzelbank am Fasentmontag in den Wirtschaften durch Mitglieder des Kinzigstaats kommt hervorragend bei den Zuhörern an. Mina Koch tritt für die Zunft zum ersten Mal auf die Bühne und wird eine feste Nummer im Programm. Immer mehr Vereine, wie die Stadtkapelle (Dreikönigsball), der Streichmusikverein, der Gesangverein Concordia, machen der organisierten Fasent allmählich Konkurrenz. |
|
1883
|
Bei der Redoute, dem ersten Maskenball nach Dreikönig, wird traditionell Prinz Carneval aus |
|
1884 |
Vorläufer der heutigen Spättle-Hansel zum ersten Mal bei der Fasentbeerdigung auf der Bühne im |
|
1896 |
Ein großer Maskenumzug wird durchgeführt, da Offenburg die 10 000 Einwohner-Marke überschritten hat. Motto: „Parole Bohnenburg“. Der Narrenstaat nennt sich mittlerweile auch „Narrenrath zu Bohneburg“. |
|
1898
|
Aus dem „Narrenrath zu Bohneburg“ wird jetzt Carnevalsverein Offenburg mit der Hauptaufgabe zur Durchführung und Organisation der Redoute und eines Maskenumzugs. Anton Fendrich schreibt die ersten beiden Jahre das Textbuch für die Redoute. Er lässt sich allerdings vom Carnevalsverein dafür bezahlen. Zum ersten Mal ist übrigens bei der Redoute der „D´r alt Offeburger“ leibhaftig zu sehen. Verleger Adolf Gegg verfasst ein „Gesetz zur Regelung und Beförderung des Domino-Unwesens in Bohneburg“. |
|
1899 |
Der Verein kann seine Rechnungen nicht mehr bezahlen und Fendrich springt als Stückeschreiber ab. |
|
1900
|
Adolf Geck, Herausgeber des „Ald`Offenburger“, schreibt jetzt die Redouten-Texte. Die Redoute findet mit 120 Akteuren im Dreikönigssaal statt. Über 500 Offenburger wollen das Spektakel sehen. Daraufhin wird eine weitere, eine kleine Redoute durchgeführt. |
|
1903
|
Der „Bohneburger Narrenmarsch“ wird zum ersten Mal von der Stadtkapelle Offenburg an der Fasent gespielt. Komponiert wurde der Narrenmarsch von Hugo Zuschneid im Auftrag des Carnevalvereins. Franz Burda sen., Vater des Offenburger Ehrenbürgers Senator Franz Burda, steht als „Alder“ zum ersten Mal auf der Bühne und wird gleich zu einem Urgestein, der bis 1929 für die Zunft den „Andres“ verkörpert. Sein Konterfei als „Andres“ ist in der Steinstraße zu sehen. Mina Koch steht Burda dabei als weiblicher Gegenpart zur Verfügung. Damit waren „Veef“ und „Andres“ aus der Taufe gehoben. | |
1906 | Adolf Geck schreibt die erste Satzung der Zunft. | |
1910
|
Der Canevalsverein organisiert die erste Fremdensitzung. Dafür werden Narrenfreunde aus Straßburg, Karlsruhe und Rastatt, eingeladen um das Programm zu gestalten. Carnevalsverein bringt ein Buch mit Narrenliedern heraus. | |
1914-17 | 1. Weltkrieg lässt das Fastnachtstreiben komplett pausieren. | |
1918 |
In Offenburg wird wieder Fasent gefeiert. |
|
1919 | Erste Sitzung des Narrenrates nach dem 1. Weltkrieg. | |
1924
|
Landesregierung verhängt zweijähriges Karnevalsverbot. Der Carnevalsverein Offenburg wird Gründungsmitglied der heutigen Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN). Die Figur des Hanseles, laut Horst Junker bereits schon 80 Jahre alt, wird wiederbelebt. Die Dominos sind jetzt fest integriert. Es gab keine Straßenfasent. Gefeiert wurde nur in den Wirtschaften. | |
1926
|
Auch auf Drängen der Vereinigung gibt es erneut eine Namensänderung. Aus dem Carnevalsverein Offenburg wird die Althistorische Narrenzunft Offenburg. Der Offenburger Fotograf Paul Stober macht die ersten Filmaufnahmen über die Offenburger Fasent. Prinz Carneval ist darauf auf einem überdimensionalen Erdball sitzend zu sehen. | |
1928 |
Auch dieses Jahr verhängt die Regierung ein Fastnachtsverbot. Narrentreffen fanden in den Hallen statt. Erste auswärtige Teilnahme des Carnevalvereins beim Oberdeutschen Narrentreffen in Freiburg – ein Narrentreffen in einer Festhalle. Offenburg war mit den Figuren des Alt-Offeburgers und der Veef sowie vier Dominos vertreten. |
|
1929 |
Teilnahme am ersten großen Narrentreffen der Vereinigung in Villingen; jedoch nur am samstäglichen Festabend. |
|
1934 | Erstmals gibt es eine Kindstaufe . Ludwig Fischer, Carl Schell und Franz Huber zogen am Schmutzigen morgens in Nachthemden zum Neptunbrunnen und tauften ein Fasentkind. | |
1935
|
Das erste in Offenburg stattfindende große Narrentreffen der VSAN mit den Althistorischen Narrenzunft als Gastgeber. Paul Stober macht die ersten Farbfilmaufnahmen über die Offenburger Fasent. Neugründung der Ranzengarde. Die Figur des Nachtwächters wird eingeführt. |
|
1936 |
Zunft weigert sich gegenüber der VSAN, an den Zentralveranstaltungen der NSDAP in München und Stuttgart teilzunehmen. | |
1939 | Letzte Fasent vor dem 2. Weltkrieg. | |
1947 |
Offenburger feiern wieder ihre Fasent. Die Zunft formiert sich neu. Erste Redoute nach dem 2. Weltkrieg im Dreikönigs-Saal. |
|
1950 |
Einzelfigur „Bott“ wird in die Zunft integriert. |
|
1956 |
Verlegung der Redoute in die Stadthalle. | |
1957 |
Geburt des Fanfarenzugs aus Mitgliedern der Ranzengarde. Spättle-Hansel werden wiederbelebt und erhalten ihre erste Holzmaske. |
|
1958 |
Erster närrischer Besuch der Althistorischen in Alten- und Pflegeheimen. | |
1960
|
Die bisher von der Spättle-Hansele Gruppe mitgeführte Schweinsblase als Schlaginstrument wird durch die heutige Rätsche ausgetauscht. Die Spättle-Gruppe vergrößert sich schnell. Zum ersten Mal wird von der Ranzengarde Bohnensuppe ausgeben. | |
1963 |
Verlegung der Redoute in die Oberrheinhalle. | |
1964 |
2. Großes Narrentreffen der VSAN in Offenburg mit 53 Zünften und 40 000 Besuchern. Anlässlich des Narrentreffens wurde der Narrenbrunnen am Lindenplatz eingeweiht. Verlegung der Fasentdaifi an den Narrenbrunnen. | |
1965 | 1. Ämterstammtisch am Schmutzigen. | |
1968 | Die „Alde“ werden offiziell als Gruppe in die Althistorische Narrenzunft integriert. Seit 1923 waren die „Alde“ als freie Gruppe, maskiert als Schnaiggruppe in den Wirtschaften unterwegs. | |
1971 |
Der erste Fahnenschwinger der Zunft wird Rudi Festerling. | |
1976 |
Eintrag als „Althistorische Narrenzunft Offenburg“ ins Vereinsregister. Unter dem Ritterhaus hat die Zunft eine Heimat gefunden. Die Bauarbeiten im Narrenkeller der Althistorischen starten. | |
1977 | Zunft erhält Mietvertrag von der Stadt für den heutigen Narrenkeller. Im gleichen Jahr wird die Baugenehmigung erteilt. | |
1978 | Große Einweihungsfeier (5. und 6. Januar) des Narrenkellers unter dem Ritterhaus. | |
1983 | Teilnahme der Zunft an den Feierlichkeiten zu „500 Jahre Offenburger Herrenfastnacht. | |
1984 | Narrenzunft feiert erste Kinderfasent im Narrenkeller. Die Kinderfasent ist mittlerweile zu einer Kultveranstaltung der Althistorischen geworden. | |
1988 |
3. Großes VSAN-Treffen in Offenburg, Zusammen mit der Offenburger Hexenzunft laden die Althistorischen zum Narrentreffen ein. |
|
1994 |
150-jähriges Jubiläum der Althistorischen Narrenzunft. Zunftmeister Horst Junker bringt das Buch „Schelle, Schelle Sechser“ heraus. Landschaftstreffen der Vereinigung in Offenburg. Umzug wird live vom SWR übertragen. | |
2003 | Fanfarenzug organisiert 1. Kultparty. Alde-Gruppe erhält Gazemaske. | |
2004 | Redoute und Zunftball ziehen um in die Reithalle, da die Oberrheinhalle neu gebaut wird. | |
2006 |
Zur Erinnerung an das Fastnachtsurgestein Franz Burda, der die Figur des „Alt-Offeburger“ beziehungsweise Andres mit schalkhalftem Stil einmalig verkörperte, stiftete sein Enkel, Dr. Hubert Burda, die Andres-Statue in der Steinstraße |
|
2007 |
Judanzo – die Jugenddisko der Althistorsichen Narrenzunft, feiert im Narrenkeller Premiere. |
|
2009 |
Althistorische führt zum ersten Mal ihr Fahnenhissen durch. Diese Veranstaltung zum Beginn der Straßenfastnacht etabliert sich. |
|
2014 |
Start einer grundlegenden Renovierung des Narrenkellers. Neuer Mietvertrag mit der Stadt. Die schwäbisch-alemannische Fastnacht wird in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes eingetragen. Damit sind auch die Bräuche der Althistorischen Narrenzunft Offenburg ein schützenswertes Gut. |
|
2016 |
Abschluss der umfassenden Renovierungsarbeiten im Narrenkeller. Nach Satzungsänderung hat die Zunft zum ersten Mal zwei Stellvertretende Zunftmeister. |
|
2017 |
Kinderfasent wird zum 33. Mal im Narrenkeller gefeiert. | |
2019 | Althistorische feiern 175-jähriges Bestehen mit einem VSAN-Landschaftstreffen. |
Aufgestellt von Volker Gegg und Patrick Elble
Quellenverzeichnis
Horst Junker; „Schelle, Schelle Sechser; Die Geschichte der Althistorischen Narrenzunft“, Reiff Schwarzwaldverlag, Offenburg 1994
Gnadenvita der Gertrud von Ortenberg. Bibliothèque royale de Belgique, Ms 8507-09
(Kat.-Nr. 3407), f. 133r-239v. Übersetzung der Handschriftt aus dem 14. Jahrhundert ins Hochdeutsche: Jutta Collmann, Ortenberg 2015.
Zentralarchiv der VSAN im Narrenschopf Bad Dürrheim.
Otto Kähni; ”Offenburg und die Ortenau”, Verlag Stadt Offenburg, 1976
Eugen Hillenbrand; „Mittelalter in Offenburg und der Ortenau“, Verlag Stadt Offenburg, 1990
Werner Mezger; „Das große Buch der Schwäbisch-Alemannischen Fasnet“, Theiss Verlag, Stuttgart 1999